Offener Brief

„Über 50 Mütter haben einen Brief an Landrätin Karina Dörk unterzeichnet, um damit eine bessere Geburtshilfe in der Uckermark zu fordern. Darin machen die Unterzeichner auf Missstände in der Versorgung werdender und junger Mütter aufmerksam. Das betrifft zum Beispiel den Hebammenmangel. So gebe es im Landkreis keine Hebamme mehr, die Hausgeburten betreut. Die Wege zu Geburtskliniken seien in der Uckermark viel zu weit. Die Initiatoren fordern die Landrätin auf, sich dieses Themas persönlich anzunehmen, Ursachen zu ergründen und sich für eine wohnortnahe Geburtshilfe sowie bessere Arbeitsbedingungen für Hebammen einzusetzen.“

aus MOZ-Online: https://www.moz.de/landkreise/uckermark/schwedt-und-angermuende/artikel90

 

Hier könnte ihr den offenen Brief an die Landrätin lesen:

Sehr geehrte Frau Dörk

Herzlich möchte ich Ihnen zu Ihrem Wahlsieg als Landrätin gratulieren.

Ich freue mich sehr, dass mit Ihnen eine Frau das Amt annimmt und Sie sich der Verantwortung zur Verbesserung der Lebensumstände in der Uckermark annehmen.

Ich hoffe, dass Ihnen das Thema Geburtshilfe genau so sehr am Herzen liegt wie mir und den mehr als 50 Unterzeichnern dieses Briefs. In ähnlicher Form hat dieses Schreiben schon Ihren Vorgänger Dietmar Schulz erreicht, leider bisher ohne Antwort.

Ich möchte die Gelegenheit nutzen, um Ihnen, auch im Namen weiterer Frauen, Mütter und anderer Personen aus der Uckermark, einige Missstände bezüglich der Geburtshilfe aufzuzeigen.

Wie Sie sicher schon wissen, liegen die Kaiserschnittraten im Asklepios Klinikum in Schwedt bei über 40%. Des weiteren werden Sie sicher auch die Empfehlungen der Weltgesundheitsorganisation (WHO) kennen: Diese zieht Kaiserschnittraten von 10% bis 15% in Betracht.

Im Vergleich zu anderen Standorten in den neuen Bundesländern schneiden uckermärkische Kliniken besorgniserregend ab, was interventionsreiche Geburtshilfe betrifft. Anbei sende ich Ihnen einige Übersichten mit weiteren Referenzwerten zu Kaiserschnittraten im gesamten Bundesgebiet:

http://faktencheck-gesundheit.de/de/faktenchecks/kaiserschnitt/ergebnis-ueberblick/

Zunächst empfiehlt es sich, herauszufinden, worin die Ursache für solch horrende Unterschiede liegen kann. Ich hoffe, dass Ihnen sowie leitenden Ärzten und Hebammen in der Uckermark bewusst ist, welche Folgen diese starken Interventionsraten sowohl für die Neugeborenen, als auch für die Mütter haben. Ich bitte Sie außerdem darum, die Augen nicht davor zu verschließen, dass die Arbeitsbedingungen für Hebammen deutschlandweit nahezu aussichtslos erscheinen. Durch die unverhältnismäßigen Erhöhungen der Haftpflichtversicherung für freiberufliche in der Geburtshilfe tätigen Hebammen, geben immer mehr Vertreterinnen dieses uralten Berufsstandes ihre Tätigkeit auf.

Schon heute gibt es keine einzige (!) Hebamme im Landkreis, die Hausgeburten betreut. In Deutschland gilt jedoch die freie Wahl des Geburtsortes. Zugleich ist festgelegt, dass bei jeder Geburt eine Hebamme zugegen sein muss. Bitte erklären Sie mir, wie sich eine freie Wahl so gestalten soll, wenn keine Fachkräfte vorhanden sind.

Bitte erklären Sie mir, wie es sein kann, dass, obwohl jeder Mensch(!) einmal geboren werden muss, nichts unternommen wird, um eine menschenwürdige, medizinisch fortschrittliche und gleichzeitig respektvolle Geburtshilfe zu gewährleisten.

Vielerorts finden Frauen trotz ausgiebiger Suche keine Vor- und Nachsorgehebammen. Im Bereich Schwedt gibt es zur Zeit nur noch eine Hebamme, die auch außerklinisch Frauen in der Nachsorge betreut. Dabei steht jeder Frau eine durch eine Hebamme begleitete Nachsorge zu.

Das Klinikum in Prenzlau unterhält erst gar keine Geburtshilfestation. Es ist nicht zumutbar und auch nicht umsetzbar, dass Frauen aus der Umgebung Schwedt einzig und allein die Möglichkeit haben, ihr Kind im Klinikum Schwedt zur Welt zu bringen und dabei die Gefahr einzugehen, einen Kaiserschnitt zu erleiden oder es so schnell gar nicht zur Klinik zu schaffen. 40% sind fast die Hälfte aller Geburten!

Es ist genauso unzumutbar für eine Frau in der Niederkunft die Klinik in Templin zu erreichen.

In Schweden werden mittlerweile Kurse für Frauen und Ersthelfer gegeben, die sie darauf vorbereiten, Kinder im Auto auf dem Weg zu einem Krankenhaus zu gebären. Es ist eine Schande für die Gesellschaft, dass es Müttern und ihren Kindern auf diese Weise schwer gemacht wird, sichere und komplikationsfreie Geburten zu erleben.

Wir fordern den wohnortnahen Zugang zu einer sicheren Geburtshilfe mit adäquatem Einsatz von Kaiserschnitten und weiteren nötigen Interventionen unter der Geburt.

Wir fordern einen respektvollen Umgang der Hebammen und Ärzte mit den kreißenden Frauen vor, während und nach der Geburt, um physische und psychische Unversehrtheit der Frauen und Babys zu gewährleisten.

Wir fordern angemessene Arbeitsbedingungen für Hebammen und Geburtshelfer: Genügend Personal, um eine individuelle Geburtsbegleitung zu ermöglichen und die Wahlfreiheit des Geburtsortes zu gewährleisten.

Ich zähle auf Sie, Frau Dörk, als Landrätin und als Frau aus der Uckermark.

Hochachtungsvoll J.R.“

 

Hier als PDF: LandraetinDoerk_Geburtshilfe

 

In dieser Unterschriftensammlung sind einige hundert Unterschriften zusammengekommen. Der Brief wurde an die Landrätin geschickt und auch bald beantwortet. Wir haben einen Termin zum Gespräch bei der Landrätin erhalten. Mehr zum Gespräch mit Frau Dörk und Frau Dr. Miroslau wird später im Protokoll zu lesen sein.

 

Hier eine Zusammenfassung von UckermarkTV:

https://www.uckermark-tv.de/mediathek/20179/Muetter_bei_der_Landraetin.html